2020-02-01

Kommunikationskrisen und ein Weg hinaus

„Findest du eigentlich, ich habe zugenommen?“

Eine „harmlose“ Frage, wie sie wahrscheinlich viele schon einmal gehört haben. Jede mögliche Antwort lässt aber viele Missverständnisse zu. Auf der so genannten Sach-Ebene könnte der Empfänger die Nachricht so verstehen, dass sie tatsächlich nur die reine Sachinformation vermitteln soll. Eine Antwort könnte lauten: „Ja, gut dass du das auch bemerkst. Das stimmt.“
Auf einer Appel-Ebene könnte der Empfänger die Sachinformation zwar wahrnehmen, jedoch den Eindruck haben, dass eine Verneinung der gestellten Frage gewünscht ist. Eine mögliche Antwort hier wäre: „Aber nein, mein Schatz. Du siehst besser und schlanker aus denn je.“ 
Auf einer Beziehungs-Ebene könnte genau die gleiche Frage als unterschwelliger Wunsch für ein anderes Thema verstanden werden, das da heißt: „Du liebst mich doch, egal ob ich dick oder dünn bin, nicht wahr?“. Hier bleibt natürlich jedem selbst überlassen, eine Antwort so zu formulieren, dass Sie entweder passend oder ehrlich oder beides ist.
Und als Selbst-Aussage verstanden, könnte die gleiche Frage einfach heißen: „Ich finde, ich bin dicker geworden.“ Tja, und wie man hier als liebevoller oder verantwortungsbewusster Partner/in antwortet, ist nicht einfach…

Kommunikation verstehen hilft Krisen zu vermeiden

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Die unterschiedlichsten Möglichkeiten, ein und dieselbe Frage auf verschiedene Art und Weise zu verstehen und zu interpretieren, lässt enorm viel Spielraum zu für Missverständnisse in der Kommunikation. Das berühmte Kommunikationsquadrat mit seinen vier verschiedenen Möglichkeiten, Nachrichten zu verstehen oder diese auszudrücken, wurde von Friedmann Schulz von Thun 1981 entwickelt. Es macht vor allem deutlich, dass es auf der einen Seite nicht so ohne weiteres möglich ist, sich eindeutig auszudrücken. Und auf der anderen Seite zeigt es, dass man verschiedene Möglichkeiten hat, das Gesagte zu verstehen.
 
Sowohl im privaten wie auch im beruflichen Umfeld führen Missverständnisse in der Kommunikation immer wieder zu Irritationen. Das an sich ist zunächst ja nicht schlimm. Interessant wird es dann, wenn man betrachtet, wie mit der Irritation umgegangen wird. Häufig nimmt man die erste Wahrnehmung, wie die das Gesagte gemeint sein könnte, als individuelle Wahrheit wahr und reagiert dementsprechend darauf. Und „zack“ - ist man drin in der Krise. 

Abgleich von Gehörtem und Gesagten

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Ein hilfreiches Instrument, die erste Wahrnehmung noch einmal zu überprüfen, ist das so genannte „Aktive Zuhören“. Über gezieltes Nachfragen beim Absender wird überprüft, ob das von mir subjektiv Gehörte mit dem Gesagten übereinstimmt. Im ersten Schritt heißt das, dem anderen wirklich zuzuhören und zu signalisieren, dass ich ihm auch zuhöre. Das kann zum Beispiel durch Blickkontakt und Kopfnicken geschehen. Im zweiten Schritt stelle ich Rückfragen zu dem Gesagten, fasse es so zusammen, wie ich es verstanden habe, und frage auch nach möglichen Wünschen, die ich meine, herausgehört zu haben. Im dritten Schritt gleiche ich die Antworten mit dem zunächst Verstandenen ab und bilde mir dann meine Meinung. 
 
Nach Carl Rogers, dem Begründer der Gesprächstherapie in der medizinischen Psychologie, bilden drei wesentliche Elemente die Basis des „Aktiven Zuhörens“:
1.         Die Grundhaltung sollte empathisch und offen sein.
2.         Die Gesprächspartner sollten authentisch und kongruent auftreten.
3.         Man sollte seinem Gegenüber Akzeptanz und bedingungslose positive Beachtung entgegenbringen.
 
Meinungen respektieren heißt nicht, Meinungen zu teilen
 
Auch wenn Sie sich als aktiver Zuhörer auf das Gesagte Ihres Gesprächspartners einlassen und seine Meinung respektieren, bedeutet das nicht, dass Sie die Meinung auch selbst annehmen müssen. Sie können und sollten Ihre eigene Meinung vertreten. Seien Sie dabei aber nicht unfair oder egoistisch, sondern greifen Sie die Punkte Ihres Gegenübers auf und bauen Sie sie in Ihre Argumentation ein.
 
Das „Aktive Zuhören“ ist erfahrungsgemäß der Königsweg aus den meisten Kommunikationskrisen.

Schwartz - 20:18:05 @ Kommunikation | 1 Kommentar